openDesk 1.2: Notizen 2.0 und mehr!
Mit Version 1.2 veröffentlichen wir das zweite Feature-Release von openDesk. Zahlreiche Anwendungen wurden aktualisiert und um neue Funktionen erweitert. Auch das Deployment wurde weiter optimiert.
NeuigkeitenDie To-do-Liste wird länger, die Bürgerfragen komplexer, aber die Zeit bleibt gleich. Während private Unternehmen längst auf digitale Helfer setzen, hinkt die öffentliche Verwaltung hinterher. Ist künstliche Intelligenz die Lösung?
Jeden Tag landen Berge von Anträgen, Mails und Dokumenten auf den Schreibtischen in öffentlichen Einrichtungen. Enorm viel Arbeitszeit fließt in wiederkehrende Aufgaben: Formulare prüfen, Daten abgleichen, Standardanfragen beantworten. Alles notwendig, aber zugleich zeitaufwendig.
Eine McKinsey-Studie aus dem Jahr 2023 kam zu dem Ergebnis, dass bis zu 70 Prozent der Tätigkeiten in deutschen Behörden automatisierbar wären. Ein deutliches Signal, wie sehr Routinearbeit die Verwaltung bindet.
Die Automatisierung liegt nahe. Doch der Markt für leistungsfähige KI-Systeme und die notwendigen Cloud-Infrastrukturen werden von wenigen außereuropäischen Technologiekonzernen dominiert. Für Europas öffentliche Hand entsteht dadurch ein Spannungsfeld zwischen Effizienzgewinn und digitaler Abhängigkeit. Besonders kritisch: die Verarbeitung sensibler Verwaltungsdaten unter Einhaltung europäischer Datenschutzvorgaben.
Ein Ausweg könnte im lokalen Betrieb von Open-Source-KI liegen. Zwar sind diese Modelle weniger leistungsstark, bieten aber vollständige Kontrolle über Daten und Abläufe. Erste Erfahrungen zeigen, dass das Prinzip praxistauglich ist. Beim KIPITZ-Hackathon des ITZBund bauten Verwaltungsmitarbeiter gemeinsam mit Entwicklerteams erste KI-Prototypen. Das Ziel, konkrete Lösungen für den Alltag schaffen, führte zur Erkenntnis, dass KI der Verwaltung durchaus helfen kann, sofern sie kontrolliert und transparent eingesetzt wird. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird ZenDiS künftig eng mit dem Kompetenzzentrum für KI im Public Sector (KIPITZ) zusammenarbeiten. Ziel ist es, erste KI-Funktionen direkt in openDesk zu integrieren, um eine souveräne und praxisnahe Alternative zu schaffen.
Der Blick auf mögliche Effizienzgewinne darf die Risiken aber nicht ausblenden. KI-Modelle sind anfällig für Manipulation. Werden Trainingsdaten gezielt verfälscht, lassen sich Modelle systematisch in die Irre führen. Brisant wäre es, wenn solche Systeme über Anträge, Förderungen oder Ansprüche entscheiden sollen.
Ein weiteres Problem sind sogenannte Halluzinationen. Large Language Models (LLMs) präsentieren selbstbewusst falsche Informationen. Die Ursache ist ihre Funktionsweise: Sie berechnen lediglich die statistisch wahrscheinlichste Antwort, unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt. Fehlen Informationen, werden plausible Details erfunden. Selbst wenn alle Daten vorliegen, kann es zu Entgleisungen kommen, etwa wenn eine Antwort generiert wird, bevor ein hochgeladenes Dokument vollständig ausgelesen wurde.
Im Bürgerservice mag ein Fehler ärgerlich sein. In der Finanz- oder Bauverwaltung könnte er rechtlich folgenreich sein. Die Technologie ist noch nicht reif genug, um ohne menschliche Aufsicht zu funktionieren. Diese Einschätzung teilt auch Dr. Dieter Bolz, KI-Experte bei ZenDiS. Er betont, dass die Lösung nicht im Verzicht, sondern in der besonnenen Gestaltung der Technologie liegt:
Es wäre verantwortungslos, die Chancen der KI-Technologie nicht zu nutzen und bei den anstehenden Entwicklungen nicht mit vorne dabei zu sein. Es wäre aber genauso verantwortungslos, den Menschen nicht in den Mittelpunkt zu stellen und ihm die Verantwortung für Entscheidungen zu nehmen. Wir werden als ZenDiS dabei helfen, den Einsatz von KI verantwortungsvoll zu gestalten. Genau deshalb wollen wir für openDesk auf einen ‚Human-in-the-Loop‘-Ansatz setzen.
Dennoch bietet KI Potenziale, wenn sie richtig eingesetzt wird. Besonders geeignet sind Bereiche mit klar umrissenen, regelbasierten Abläufen, bei denen Menschen die Kontrolle behalten.
KI könnte helfen, Dokumente zu sortieren, Antragstypen zu erkennen oder auf Vollständigkeit zu prüfen. Erste Rückmeldungen an Bürger ließen sich automatisieren, wodurch Sachbearbeiter sich komplexeren Fällen widmen könnten.
Standardanfragen wie „Wann hat das Bürgeramt geöffnet?“ oder „Welche Unterlagen brauche ich?“ machen einen Großteil der täglichen Kommunikation aus. Chatbots bieten hier Entlastung. Stuttgart etwa nutzt bereits einen KI-basierten Chatbot für Verwaltungsfragen. Das System kombiniert vorformulierte Inhalte mit KI-generierten Antworten, und das auch noch mehrsprachig. Auch in Essen wird an Chatbots gearbeitet: die Stadt testet einen Bot für die Behördennummer 115. Dieser arbeitet aktuell regelbasiert, KI-Funktionen sollen folgen.
Ein Vorteil: Chatbots kennen keine Öffnungszeiten. Sie stehen rund um die Uhr zur Verfügung und reduzieren so Wartezeiten und Rückfragen.
Verkehrszählungen, Wirtschaftsdaten, Bevölkerungsstatistiken und so vieles mehr: Öffentliche Stellen verfügen über gewaltige Datenmengen. KI könnte dabei helfen, Muster zu erkennen und fundierte Prognosen zu erstellen. Wo werden neue Schulen gebraucht? Wie verändert sich der Berufsverkehr? Eine datengetriebene Verwaltung könnte so proaktiver handeln.
Ob ein Antrag alle Voraussetzungen erfüllt, eine Förderung genehmigungsfähig ist oder Fristen eingehalten wurden: Solche Prüfungen lassen sich gut automatisieren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nutzt bereits KI zur Vorprüfung von Asylanträgen. Die finale Entscheidung trifft weiterhin ein Mensch. Ähnliche Verfahren wären auch bei Bauanträgen, Steuererklärungen oder Sozialleistungen denkbar.
Der Weg zur KI-gestützten Verwaltung ist kein reines IT-Projekt, denn Technik allein reicht nicht. Es braucht eine strategische Herangehensweise, die Menschen mitnimmt und rechtliche Rahmenbedingungen von Beginn an berücksichtigt.
Ein häufiger Fehler ist, Projekte technikgetrieben zu starten, ohne die Mitarbeiter einzubinden. Dabei sind es die Beschäftigten, die die Systeme täglich nutzen. Ihre Akzeptanz entscheidet über den Erfolg. Der erste Schritt sollte deshalb der Dialog sein: Welche Aufgaben binden Ressourcen, wo stocken Prozesse, was würde den Arbeitsalltag wirklich erleichtern? Diese Rückmeldungen sind wertvoller als externe Gutachten. Aus ihnen können KI-Anwendungen entstehen, die tatsächlich gebraucht werden.
Ein heikler Punkt ist der Umgang mit dem Thema Arbeitsplatzsicherheit. Die oben erwähnten McKinsey-Zahlen deuten an, dass viele Aufgaben automatisierbar sind. Es ist nachvollziehbar, wenn Beschäftigte um ihre Jobs fürchten. Zwar entstehen neue techniknahe Aufgaben, doch das allein genügt nicht. Umverteilung gelingt nur mit gezielter Qualifizierung und klaren Perspektiven, Theorie allein überzeugt nicht. Was hilft, sind praxisnahe Schulungen und kleine Pilotprojekte, bei denen Teams den Nutzen selbst erfahren.
Statt eine gesamte Verwaltung auf einen Schlag zu transformieren, lässt sich bei konkreten, klar umrissenen Problemen ansetzen. Die automatische Sortierung von E-Mails, ein einfacher Bot für häufige, wiederkehrende Fragen, oder die Digitalisierung eines viel genutzten Formulars sind alle überschaubare Anwendungsfälle mit echtem Nutzen. Wenn das erste Projekt funktioniert, sprechen die Erfolge für sich.
Datenschutz, IT-Sicherheit und Verwaltungsvorschriften sind kein Hindernis, sondern Voraussetzung für tragfähige Lösungen. Wer sie früh berücksichtigt, vermeidet spätere Rückschläge. Entscheidend ist die Nachvollziehbarkeit der KI-Entscheidungen und eine transparente Dokumentation der Datenverarbeitung. Datenschutzbeauftragte sollten von Anfang an eingebunden werden.
Bei der Technologie-Auswahl lohnt sich schließlich der Blick auf Open-Source-Alternativen. Proprietäre Lösungen versprechen oft schnelle Erfolge, schaffen aber ganz neue Abhängigkeiten. Open Source bedeutet zwar mehr Eigenverantwortung, dafür aber auch die volle Kontrolle über Algorithmen und Daten.
So viel Potenzial KI bietet, strukturelle Probleme löst sie nicht. Personalmangel, überkommene Prozesse oder starre Gesetzeslagen bleiben auch mit der besten Technologie bestehen. Hinzu kommen ganz andere Dependenzen: von Datenqualität, technischer Wartung und menschlicher Kontrolle.
Die zentrale Frage lautet: Wer trägt Verantwortung? Wenn ein KI-System eine falsche Entscheidung trifft, wer haftet? Wie lassen sich Diskriminierungen verhindern? Und wer legt die ethischen Leitplanken, die sogenannten „Safeguards“, für den Einsatz in öffentlichen Einrichtungen fest? Unternehmen, Behörden, Parlamente, oder der Souverän selber, die Bürger? Diese grundlegenden Fragen demokratischer Kontrolle über algorithmische Entscheidungsfindung sind noch längst nicht alle geklärt.
Mit Version 1.2 veröffentlichen wir das zweite Feature-Release von openDesk. Zahlreiche Anwendungen wurden aktualisiert und um neue Funktionen erweitert. Auch das Deployment wurde weiter optimiert.
NeuigkeitenMit der Veröffentlichung von openDesk 1.7.0 und dem nachfolgenden Wartungsupdate 1.7.1 setzen wir unseren Weg der kontinuierlichen Verbesserung fort.
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